Träume (Zeit-Myzel, Seite 13)

Bewaffnet mit Pfeil und Bogen und ausgestattet mit dem außergewöhnlichen Sehvermögen von Tellerauge, haben beide zusammen mit einer bemerkenswert großen Libelle versucht, die nähere Umgebung zu erkunden. Dabei haben sie Fische und fette, wohlschmeckende Huntertfüßler erbeutet und gleich aufgegessen. Wetu hat keulenförmige Fruchtkapseln eines sehr dicken Baumes entdeckt. Die Riesenlibelle hat ihm eine dieser Keulen abgebissen. Einen kleinen Bissen, der darin enthaltenen übergroßen Erbsen hat Wetu probiert. Warten wir ab, ob ihm diese Früchte bekommen. Das Duo aus Wetu Eleanor und Tellerauge haben sich in ihren Wohnkäfig in einem großen Busch zurückgezogen. Die Libelle ist nicht zu sehen. Inzwischen ist es auch so dunkel geworden, dass Wetu nur noch den Sternenhimmel und die Silhouetten der riesigen Bäume sehen kann. Wetu ahnt, dass hinter der engen Kooperation von ihm, Tellerauge und der Riesenlibelle ein Geheimnis steckt, welches er besser kennen sollte.

Träume

Während ich über unsere eigenartige Jagdtaktik nachdenke, mischen sich mehr und mehr Traumgespinste in mein Bewusstsein. Sind die Riesenerbsen aus den keulenförmigen Schoten am Ende giftig und verursachen Halluzinationen? So richtig mag ich das nicht glauben; denn ich kann mich gegen die auftauchenden Bilder wehren.
Doch ich bin müde nach der ganzen Arbeit an unserer Behausung, den Steinwerkzeugen, dem Bogen, den Pfeilen und der abendlichen Jagd. Ich merke noch, wie Tellerauge aufsteht, sich durch die Äste zwängt und in der Dunkelheit verschwindet. Wie auf einen riesigen Globus, von dem ich nur einen kleinen Teil übersehen kann, liegt unter mir ein vollkommen unbekanntes Land. Hohe Bäume mit riesigen Kronen verhindern den einen Teil der Sicht und hohes Buschwerk den Rest. Alles erschein Grün, aber welche Abstufungen! Das Land sieht aus, wie ein Flickenteppich aus schwarzem, dunklem, hellem und fast weißem Grün. Auch so etwas wie Rotbuchen stehen vereinzelt und geben dem Ganzen rötliche Farbtupfer. Ich erkenne eine schwarze Fläche, die durch eine feine, silbrig schimmernde Linie von dem eben geschilderten Grün getrennt ist, fast wie gemalt. Die Linie bewegt sich ganz leicht, wenn man genau hinschaut. Langsam dreht sich diese Landschaft, bis diese Linie das Schwarz zur Linken vom Grün rechts trennt. Träge erkenne ich "meine" Bucht mit dem Busch, in dem ich schlafe. Also hat sich mein Traumbild "genordet" und ich sehe "meine" Landschaft. Zwei Schatten führen einen seltsamen Tanz auf. Unter mir noch ein Schatten, im Nachtwind geräuschlos gleitend. Ich erkenne in den tanzenden Schatten zwei Telleraugen, die auf dem schmalen Küstenstreifen auseinander rennen, wenden und sich überschlagend wieder nähern. Sie fallen sich in die Arme, schleudern sich herum, rollen auf dem Boden ab und beginnen wieder zu rennen - Liebe, das uralte Spiel? Natürlich : "... und sie passen nicht auf!", denke ich. Der Schatten unter mir gleitet auf die Beiden zu.

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