Zeit-Myzel, Seite 34

Wetu Eleanor und seine Gefährten haben etwa die Hälfte des Küstenweges hinter sich gebracht. Wetu erlebte bewusst den Aufgang des besonders hellen Sterns, der eine Art Zwielicht erzeugt. Von diesem Stern war auch vorher schon die Rede, allerdings ist er Wetu nur tagsüber und abends aufgefallen. Inzwischen hat er sich zum Morgenstern gewandelt. Vom Meer aus schwebte eine Sphäre auf die kleine Gruppe der so artverschiedenen Wesen zu. Merkwürdigerweise wurden die tierischen Teilnehmer der Expedition vom Auftauchen der Sphäre anheimelnd berührt - jedenfalls folgte die Pantherdame Fauch als Wetu die Sphäre betrat, rollte sich zusammen und fing an zu schnurren. Die Sphäre zeigte sich als ein lebendiges Luftfahrzeug, so dass in Wetus Vorstellung eine neue Hoffnung aufkeimte, wie der Weg zu den Menschen doch noch zu überwinden wäre, obwohl sich der Wald als nahezu undurchdringlich erwiesen hatte. Die überdimensionierte Seifenblase stellte sich als "Polyt" vor. Wetu empfand diesen Namen als Verbalhornung des Wortes Pilot. Nun, ihm konnte es gleichgültig sein. So mochte halt Polyt der Pilot sein! Nach der Flucht vor den Drachen, fragte Polyt: "Was machen wir jetzt?"

Nun, wo sich die Reise beschleunigt, muss Wetu Eleanor aus der Vergangenheit berichten.

Kaulquappen

Da bald der Tag anbrechen würde, würden sie alle schlafen wollen. So formte sich mein Plan: Könnte uns die Sphäre nicht tagsüber nach Norden transportieren bis zur Abzweigstelle, wo es nach Osten ins Landesinnere geht?

Selbst bei gemächlichem Flug sollte diese Strecke in zwei Tagesetappen zu schaffen sein.
In den Dämmerungszeiten könnte uns die Sphäre an Land absetzen, damit wir jagen und Früchte sammeln können. "Ich möchte gerne alle meine Gefährten einladen und dich bitten, uns zu einem bestimmten Punkt an der Küste nördlich von hier zu befördern!" - "Ja mit Vergnügen!", ließ sich Polyt vernehmen, "aber vorher muss ich noch etwas essen."

Was dies bedeutete, wurde Fauch und mir klar, als sich der Druck auf unsere Ohren deutlich erhöhte. In dem tintigen Wasser konnten wir absolut nichts sehen. Ich wünschte mir Tellerauges Sehvermögen. Allerdings war ich mir nicht sicher, dass seine Augen hier viel nützen würden. Wieder einmal wurde ich überrascht. Wie auf ein Stichwort hin, wurde die Tinte da draußen hell und klar. Einzelne Gegenstände wie Steine, Schlick und Tang sowie eine Vielzahl unterschiedlicher Lebewesen wurden sichtbar - ja, nahmen sogar Farbe an. Auch ein großer Schwarm dickbauchiger Fische von jener Sorte war zu sehen, die mich bei meinem ersten Versuch in diesem Leben aufzutauchen, gefressen haben müssen. Ich hatte diesen Gedanken noch nicht ganz zu Ende gedacht, als die Sphäre einen Rüssel in den Schwarm vorstreckte, ihn am Ende trichterförmig weitete und damit den ganzen Scharm wie mit einem Staubsauger schluckte. Vielleicht drei der verschreckten Fische konnten flüchten. Das vordere Ende des Rüssels zog sich wieder zusammen und saugte nun Tang und Schlick in unglaublichen Mengen ein.

Als ich in die andere Richtung blickte, konnte ich einen Vorhang von feinem, sauberem Sand nieder rieseln sehen. Offenbar filterte unsere Riesenqualle alles organische Material aus dem Schlick - ein perfekter Futterverwerter!

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