Zeit-Myzel, Seite 42

Über Meer und Land herrschte die Dunkelheit mit ihrem geringen Sternenlicht. Mit dem verletzten Tellerauge und der Panther-Dame Fauch hatte sich Wetu Eleanor in die Sphäre Polyt zurückgezogen. Polyt, ein ziemlich groß geratener, kugelförmiger Abkömmling von Quallen, zog es vor, die Nacht unter Wasser zu verbringen. Dort schien es keine Jäger zu geben, die der Sphäre gefährlich werden konnten.

Wetterleuchten

Tellerauge gefiel mir gar nicht. Er lag apathisch herum und fühlte sich unter seinem Fell viel heißer an, als sonst. Ich hatte keine medizinischen Kenntnisse und konnte mich nur dunkel an "Hausmittel" erinnern. Der Tod betrat die Bühne: Wer verletzt wurde und nicht aus körpereigenen Kräften heraus wieder gesund wurde, starb. Diese einfache Logik ging mir extrem gegen den Strich - aber woher sollte Hilfe kommen?

Törichte Gedanken! Ich und meine Freunde mit mir brachten täglich den Tod für andere, deren Fleisch wir aßen und deren Sehnen und Häute uns das Überleben sicherten. Mit diesen Befürchtungen erwachte ich. Draußen war es schon hell. Polyt war bereits aufgetaucht und steuerte auf das Festland zu. Also hatte ich einigermaßen gut und für die Jagd in der Morgendämmerung bereits viel zu lange geschlafen. Polyt entließ zuerst Fauch und dann mich mit dem schlaffen Tellerauge über den Schultern. Für uns, die wir nicht verletzt und krank waren, zog ein sonniger, warmer Tag herauf. Die schräg stehende Morgensonne malte Kringel auf den Boden am Waldrand.

Mein Plan war es, die Elben aufzusuchen, von denen ich vermutete, dass sie im Dickicht hinter dem in der vorigen Nacht entdeckten, frei gehaltenen Gang wohnten. Wir hatten zwar bisher jeden Tag gejagt, aber heute war es schon zu spät dafür. Vielleicht würde uns ein Zufall Beute bescheren. Da der Gang etwa tausend Schritte weiter nördlich von unserer Landestelle lag, hatte ich Polyt gebeten, im Laufe des Nachmittags dort nach uns zu suchen.

Als wir einen kleinen Bach überquerten, schöpfte ich Süßwasser und ließ es Tellerauge auf die Zunge tropfen. Zuerst zog er nur kurz seine schlaffe Zunge ein. Immerhin, nach ein paar Minuten hatte er kapiert, wie ich mir die Sache vorstellte, und dass es auch mehr zu Trinken gäbe, wenn er es nur richtig anstellte. Von da an konnte ich jeweils eine hohle Hand voll Wasser in seinen Rachen laufen lassen. Brav schluckte er die Flüssigkeit. Hinterher erschien er mir etwas wacher, so dass ich die Hoffnung nährte, er könnte überleben.

Der Weg zu der von mir in der Nacht gelegten Wegmarke aus Steinen erwies sich als ein kurzer Spaziergang trotz der Last Tellerauges auf meinen Schultern. Aber ich konnte den beschriebenen Gang nicht finden, solange ich auch suchte. Es war wohl so, dass die Eigentümer den Eingang nur offen gelassen hatten, um am Meer ihre Kinder abzuholen. Deshalb suchte ich nun nach einer "getarnten Stelle". Doch auch dies erwies sich als aussichtslos, zumal die Sonne begann trotz des Blätterdaches über mir zu sengen. Dies war wieder ein Tag, an dem die Temperaturen so rasch und so hoch stiegen, dass am Nachmittag Blitz und Donner zu erwarten waren. Soviel hatte ich über das lokale Klima immerhin schon erfahren müssen. Hinzu kam, dass sich die Wolken zumeist vom Land her näherten, wo sie wegen der Baumriesen viel zu spät zu sehen waren.

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