Zeit-Myzel, Seite 62

Wetu Eleanor hatte erneut den "Weisen der Welt" getroffen, als er sicherheitshalber auf den Boden einer Lichtung im Dickicht hinab gesprungen war. Zurück in seiner Realität musste er feststellen, dass der Kobold seine Weisheiten nur in sehr kleinen Portionen weitergibt. Nach einem nächtlichen Angriff durch eine Raubkatze, den Wetu und Tellerauge durch einen Trick gut überstanden haben, sind sie nun wieder auf dem Weg "zu den Menschen", wie Wetu denkt. Jedenfalls muss Wetu seinem Freund, dem Flugdrachen Atros die Freiheit zurückgeben, auch Sphären zu verspeisen. Der Weise hatte ihm geschildert, was diese Sphären anrichten, wenn sie sich ungestört vermehren.

Die Hütte

Wir begannen die Tage mit der Jagd. Tellerauge hatte meist nach kurzer Zeit mindestens eine kleine Schlange, mehrere fette Maden und jede Menge Käfer verspeist. Die Maden schmeckten mir nur, weil ich anfangs nicht hinsah, als ich sie in den Mund steckte. Ähnlich wie bei den Hundertfüßlern gewöhnte ich mich aber schnell an sie. Außerdem fand Tellerauge jede Menge kleinerer Früchte, die mich entfernt an exotische Leckerbissen erinnerten und meinen Speisezettel stark erweiterten. Es waren keine, aber viele dieser Früchte erinnerten mich an Lychees. Und ich fand eine Menge Wasserfrüchte, mit denen ich meinen Durst stillen konnte.

Gemessen an mein Leben am Meer bekam ich mehr und mehr ein Problem, ich stank, je weniger es regnete. Meine Erinnerungen an eine Wohnung mit WC und Bad machten mir das Leben hier nicht leicht. Glücklicherweise gab es entweder keine Parasiten oder sie hatten mich noch nicht als Lebensraum entdeckt.

Gelegentlich hatten wir mit einzelnen Moskitos zu kämpfen. Im Gegensatz zu mir konnte Tellerauge diese Tiere aus der Luft fangen, und verspeiste sie auch sofort. Ich wollte mir lieber nicht ausmalen, was ein Schwarm dieser Moskitos hier oben, fernab vom Meer aus uns machen würde. Einige Tage Kranksein wäre das Mindeste.

Hoch oben im Blau des Himmels verfolgte Atros unsere Kletterei. Von Zeit zu Zeit nahm er Kontakt mit mir auf und projizierte die Landschaft in mein Bewusstsein. Mühsam und langsam kamen wir dem See und der Hütte Claras immer näher. An einem der Tage hielten die Bilder länger an und Atros Blick streifte zufällig das nun schon beachtlich ferne Meer. Über den Wellen schienen die Sphären still zu schweben und zeigten ihre schillernden Farbspiele. Ich sandte ein Bedauern, dass ich einige nicht wieder sehen sollte. Der daraufhin von Atros ausgesandten Freude - bildlich umarmte er mich - konnte ich leider nicht folgen. Aber der Kobold würde wohl Recht haben. Schließlich kannte er diese Welt schon seit undenklicher Zeit.

Seit Überschreiten der kleinen Lichtung waren vier anstrengende Klettertage vergangen, als sich die Laubhülle vor uns erneut lichtete. Schritt um Schritt, Schwung um Schwung konnten wir mehr von dieser - für mich alles entscheidenden - Lichtung erkennen. Natürlich wussten wir von Atros, dass wir uns meinem Ziel näherten. An vielen Stellen blitzten Reflexionen des Wasserspiegels auf. Danach musste der See recht ansehnlich sein. Ich fieberte der Hütte entgegen und dem Treffen mit den Menschen oder zumindest mit Clara und ihrem Jungen. Tellerauge sah mich traurig an. Ich nahm mir ein Wenig Zeit, um ihn zu streicheln. Ich hoffte, dass er sich mit Claras Tellerauge vertragen, vielleicht sogar befreunden würde. Allerdings zogen sich mein Tellerauge und Schregg zurück, als ich begann, abwärts zu klettern.

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