Tod, Zeit-Myzel, Seite 77

Talrin kraulte abwechselnd eine der beiden großen Katzen. Zeitweise schliefen alle drei. Die Telleraugen waren tagsüber ohnehin nicht zu sehen. Claras Schlange - sie reagierte auf den Namen 'Zar' - imitierte einen grün bemoosten, dicken Ast über dem Eingang eines der Pfade durch das Bodendickicht. Clara und ich verarbeiteten die Jagdbeute: Fleischstreifen wurden in der Sonne getrocknet; Knochen bekamen die Hundertfüßler, die alle restlichen Fleischanhängsel sauber entfernten. Die Häute wurden mit Steinen gereinigt und gewässert. Atros döste halb im Wasser und halb auf dem Strand liegend. Gelegentlich schnappte er einen Hundertfüßler, der sich allzu intensiv für die Häute interessierte.

Vor einer der gleißenden Wolken wurde die Silhouette eines weiteren Drachen sichtbar, der mit zappelnder Beute über unseren See hinweg zog. Plötzlich löste sich das Opfer. Zu unserem Entsetzen sahen wir einen Menschen in Richtung See fallen, wie wir an den in der Luft rudernden Armen und Beinen erkennen konnten. Der Stürzende legte kurz über der Wasseroberfläche die Arme an und tauchte ins Wasser.
Inzwischen hatte die Flugechse gewendet, segelte dicht über der Wasserfläche und suchte ihre Beute.

Atros musste unser Entsetzen gespürt haben. Denn er startete und ging auf Gegenkurs. Wir hielten vor Spannung die Luft an. Der Anprall der beiden Giganten schien unvermeidlich, doch im letzten Moment zog der fremde Drache steil nach oben, stoppte dadurch praktisch in der Luft und sackte mit dem Schwanz voran ins Wasser.

Atros konnte so schnell weder Bremsen noch wenden und entfernte sich weit von seinem Gegner, bis er wieder an die Stelle kam, wo der fremde Angreifer und sein Opfer im See paddelten.

Zunächst schwamm der Mensch so schnell, dass ihm die ins Wasser gefallene Flugechse nicht folgen konnte. Doch dies änderte sich von einem Augenblick zu anderen. Das menschliche Wesen musste ohnmächtig geworden sein, denn es hörte auf zu schwimmen und verschwand.

In diesem Augenblick wurde auch mir schwarz vor Augen. Ich glaubte schon, ich sei der Aufregung nicht gewachsen. Ich fühlte mich von kühlem Wasser umgeben und hatte starke Schmerzen im Bereich meiner Taille und an den Schultern. Ich spürte förmlich noch den Griff der Klauen des Ungeheuers. Über mir spürte ich heftige Bewegungen im Wasser und ein Schatten kam über mich. Alles wurde leicht und ich wollte nur noch sinken, sinken, sinken … Schade! Ein letzter Gruß an meine Gefährten, meine Söhne und die Frau an meiner Seite, hätte mich glücklich gemacht, aber es sollte nicht sein.

Damit stand ich wieder als Wetu Eleanor am Strand und schaute dem grausigen Schauspiel zu, das sich in einiger Entfernung von uns abspielte. Das Wasser färbte sich rot, als der Saurier das blutige Bündel endgültig verschlang. Atros segelte zwar noch über den fremden Artgenossen, konnte aber nicht eingreifen, ohne sich selbst zu opfern. Ich hatte ohnehin das sichere Gefühl, dass er mehr stören als angreifen wollte. Es wäre ihm wahrscheinlich auch gelungen, wenn das Opfer nicht schon so sehr geschwächt gewesen wäre.

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