(Aufbruch - Zeit-Myzel, Seite 18)

Mein flacher Korb aus dem Geflecht einer Art Weide ist gut gefüllt. Viele Pfeile stecken in einem Köcher aus dem Leder kleiner Flugsaurier, deren Fleisch wir, das heißt Tellerauge und ich, gegessen haben. Aus dem gleichen Leder habe ich mir einen Umhang genäht, den ich je nach Witterung und Gemütszustand als Schutz gegen die Sonne, als Regenumhang, als Bettdecke und als Schutz gegen die Schulterriemen meines Transportkorbes benutzen kann.

Den letzten Tag am alten Platz haben wir im nördlichen Teil der Bucht zugebracht und meine Sachen in der dort liegenden "Hütte" - eigentlich nicht viel mehr als ein Käfig, der des Nachts Raubtiere fernhalten soll, verstaut. Allerdings hat sich, außer in meiner ersten Nacht, nie wieder eine Raubkatze sehen lassen. Die großen Flugsaurier können ihre Beute nicht aus den großen Büschen klauben. Sie greifen ihre Beute nur, wenn genügend Platz ist, um sofort wieder aufzufliegen. Was die Kleinen dieser Arten können, weiß ich nicht so genau. Vielleicht, wenn man schläft, dass sie hinspazieren und einen anfressen. Es gibt keine Gewähr dafür, dass hier etwas nicht passiert, nur weil es bisher nicht geschehen ist. Aber wir übernachten lieber hinter einem Geflecht starker Äste. Auch Tellerauge scheint fest dieser Meinung zu sein.

Wir gehen Jagen und Fischen und essen reichlich. Der nächste Tag wird für uns sehr früh beginnen, und ich möchte ein ordentliches Stück des weiten Weges vorankommen.

Am Tag des Aufbruchs wache ich noch vor Tellerauge auf. Noch ist es Nacht. Ein überdimensionales Heupferd klettert auf mir herum. Die feinen Greifklauen an seinen sechs Beinen pieken ein Bisschen. Das Heupferd hält einen Moment inne und starrt mit seinen Facettenaugen in meine Richtung; genauer gesagt, sitzt es auf meinem rechten Arm und schaut mir zu, wie ich die Augen aufschlage. Da Tellerauge schläft, sehe ich, gestützt auf meinem eigenen Sehsinn nur das dunkle, riesige Heupferd mit im Sternenlicht irisierenden Augen. Mir gehen mehrere Dinge gleichzeitig durch den Kopf: Heupferde aus meiner Erinnerung sind viel kleiner. Sie beißen Menschen nicht, weil sie ausschließlich Pflanzen essen. Was aber essen Heupferde dieser Größe? Freund, Feind oder neutrales Element?

Ich bewege den betroffenen Arm ein Bisschen, um keine Panik zu verursachen. Das Heupferd rührt sich nicht von der Stelle. Es gräbt lediglich seine kleinen Klauen noch ein Bisschen tiefer in meine Haut. Ich befreie meinen linken Arm und vor allem meine linke Hand. Das Heupferd greift noch fester zu. Langsam wird die Sache unangenehm. Ich probiere, das Biest dadurch weg zu schieben, dass ich mit der Linken vorsichtig gegen den großen Kopf drücke. Es tut einfach noch mehr weh. Aber ich spüre das sehr deutliche Verlangen, meinen ungebetenen Gast wieder los zu werden. Soll ich besser Tellerauge anstoßen und damit wecken? Vielleicht weiß der, was zu tun ist.

Ich stelle mir Tellerauges Blick vor und habe die Vorstellung, wie er ein Heupferd zermanscht.

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