(Erkundung - Zeit-Myzel, Seite 12)
Ich muss wissen, ob ich diese Keulen essen kann. Ich kann mich nicht immer nur auf das Jagdglück verlassen. Doch wie kommt ein Mensch auf einen Baum, dessen Stamm einen Durchmesser von einem Doppelschritt entspricht und eine glatte Rinde hat? Die Antwort kommt prompt von der Riesen-Libelle, die uns irgendwo oben gefolgt ist. Sie lässt sich am Stiel einer der Keulen nieder und beißt ein paar Mal kräftig zu. Als die Keule fällt, fliegt das Rieseninsekt raschelnd und vibrierend davon. Die Keule landet dumpf auf dem Waldboden und ich probiere meine geschärften Steine aus. Nach einigen vergeblichen Versuchen gelingt es mir, die Keule aufzuschneiden. Eine äußere Hülle schützt Früchte, die an überdimensionale Erbsen erinnern. Diese kann man durchaus essen. Ich gestatte mir nur eine winzige Kleinigkeit. Sollten sie giftig sein, so hoffe ich, dass die Dosis so gering ist, dass mir nur schlecht wird. Ansonsten wäre mein Speisezettel gerettet. Der Geschmack ist leicht süßlich-mehlig ähnlich wie Esskastanien nach meiner Erinnerung. Sie enthalten wenig Feuchtigkeit. Ein kleiner Vorrat dürfte sich halten, auch wenn man mal keinen Streifzug unternehmen kann. Ich stecke die angeschnittene Keule in die Astgabel eines Busches und versuche, mir den Standort genau einzuprägen. Wir kommen nicht mehr weit. Das immer dichter werdende Buschwerk verhindert jedes weitere Vordringen, auch wenn man so gut sieht wie Tellerauge. Sehen allein nützt hier gar nichts.
Wir kehren also um. Ich hole die keulenartige Schote und wir treten den Rückweg an.
Diesmal gibt es einen Fisch für mich, den Tellerauge aufbeißt, kurzerhand die Eingeweide heraus isst und dann für mich liegen lässt. Unvorsichtigerweise nähern sich einige fette Hundertfüßler. Tellerauge verspeist noch zwei davon. Plötzlich ist auch die Libelle wieder da. Auch sie holt sich noch einen. Ich mag sie zunächst nicht essen, probiere aber ein Segment, das die Libelle fallen gelassen hat. Es schmeckt köstlich, als sei es eingelegte Krabben. Für mich reicht aber für heute der rohe Fisch.

Mir gefällt die enge Kooperation zwischen Tellerauge, mir und der Libelle nicht. Diese Welt enthält ein Geheimnis, das nicht zu kennen, einem Todesurteil gleich kommen kann.

Wetu Eleanor, aufgeschrieben von Ekkard Brewig am 5. Juli 2007

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