(Jahreszeiten - Zeit-Myzel, Seite 16)

So brauchen sie nach der Jagd nicht erst stundenlang in der Nacht oder am Tag zur ursprünglichen Behausung zurück zu laufen. In der Nacht ist dies für Wetu unangenehm, am Tag für Tellerauge. Irgendwo im Dickicht des Hinterlandes hat Tellerauge einen Gefährten oder eine Gefährtin, der oder die sie unsichtbar begleitet. Denn nach der Jagd beobachtet Wetu das übermütige Liebesspiel der beiden, das regelmäßig mit einem gemeinsamen Schmaus der beiden endet. Tellerauge kehrt aber immer wieder in die jeweilige Behausung zu Wetu zurück. Welches Geschlecht "sein" Tellerauge hat, kann Wetu nicht herausfinden. Es wäre ganz reizvoll, eines Tages kleine Telleräuglein im Nest zu finden.

Eines Tages versucht Wetu seinerseits ein Bild an Tellerauge zu übertragen, wie er es sich aus seinen Träumen gemerkt hat: ein kleiner See und eine Waldlichtung mit Hütte, gelegen im Nordosten etwa acht Tagesmärsche entfernt, nicht gerechnet, die Probleme, das Dickicht zu überwinden. Dort will er im Laufe der Zeit hin!

Er besitzt eine Steinaxt und einen Stein, der sich als Säge einsetzen lässt. Mit Pfeil und Bogen fühlt er sich gewappnet, selbst für Beute zu sorgen. Auch hat er gelernt, ein Seil aus einer Grasart zu machen, indem er die Fasern durch Schlagen von allen anderen Bestandteilen reinigt. Mühsam hat er sich eine Art Lasso gemacht. Damit kann er die Früchte der Erbsenbäume herunterreißen.

Tellerauge projiziert das Bild der Libelle Wibra, wie sie die Keulen abbeißt, wieder und immer wieder. Wetu versteht. Wibra soll oder will ihn begleiten. Aber auch Tellerauge wird mitgehen. Vor Wetus innerem Auge steht die Libelle über ihm und Tellerauge hinter ihm.

Einer Eingebung folgend denkt sich Wetu eine Winterlandschaft mit Schnee, in der es schneit. Dabei wehen die Flocken fast waagerecht aus dicken Wolken vom Himmel herab. In seiner Sprache hätte er gefragt, wie das Klima in dieser Welt verläuft. Gibt es Winter? Tellerauge schaut sichtbar betroffen und gibt diese Bild zurück, kurz darauf eine Wiese mit blühenden Blumen (vielleicht die Lichtung, zu der er möchte?). Dann folgt das Bild der Bucht, wie sie jetzt aussieht. Das nächste Bild handelt von Pflanzen mit allerlei Früchten, die herunter fallen.

Wetu will unbedingt wissen, wie lange diese Perioden dauern. Tellerauge steht völlig still und vor ihm auf seinen Hinterläufen und schaut mit seinen großen Augen ganz ernst. Wetu hat den Eindruck, dass alles um ihn herum stirbt, nicht durch Kampf oder Katastrophe, sondern allmählich, schleichend über Wochen und Monate. Er gibt eine Erinnerung an drei Monate blühende Blumen zurück. In Tellerauges Anti-Film dauert dies rund viermal so lange.

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