Hitze (Zeit-Myzel, Seite 22)
Das Wasser ist angenehm kühl aber wohl warm genug, um ein halbes
Stündchen zu baden. Danach geht es mir wirklich besser. Ob mich die
Puma-Dame bereits einmal vor dem Schwarm der Blutsauger im Meer in
Sicherheit gebracht hat? - Ich habe diesen Eindruck!
Wieder auf dem Trockenen bilden sich auf meiner entzündeten Haut
Salzkristalle. Sie blitzen in der Sonne. Man kann fast zusehen, wie
sich die violett verfärbten Einstichstellen entfärben und sich zu
schließen beginnen.
Für die zutrauliche Puma-Dame fällt mir der Name "Fauch" ein.
Anschließend verschlafen wir den ganzen restlichen Nachmittag im
schützenden Buschwerk.
Als Fauch mich anstößt und tatsächlich faucht, sehe ich Tellerauge
aus dem Dickicht auf uns zukommen. Ich merke, dass sich Tellerauge
und Fauch am liebsten gegenseitig zerfetzen würden.
Völlig unerwartet setzen sich in meinem Kopf Bilder in Bewegung wie
in zwei wilden Actionfilmen, deren Szenen ein unaufmerksamer Cutter
falsch zusammen geschnitten hat. Klar ist nur, dass Telleraugen und
Pumas um die gleiche Beute kämpfen, gekämpft haben und kämpfen
werden. Dabei plündern Telleraugen die Puma-Kinderstube und Pumas
jagen Telleraugen. Begreiflicherweise fürchten meine Freunde sich
gegenseitig.
Meine Erinnerungen sagen mir, dass nur gemeinsam aufgezogene Hunde
und Katzen diese Furcht nicht entwickeln. Meine beruhigenden Bilder
von friedlich spielenden Katzen- und Hundekindern werden jäh
unterbrochen.
Ein greller Blitz erhellt für einen Moment die dämmrige Szene. Ihm
folgt ein schmetternder Schlag, der in einen in der Ferne
verhallenden Donner übergeht. In einem der umstehenden Bäume bricht
ein Ast brennend ab und stürzt neben Tellerauge auf den Boden.
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Tellerauge macht einen Riesensatz zur Seite, rast auf unseren Busch
zu, klettert hinein und duckt sich hinter mich, soweit von Fauch
weg, wie möglich.
Fauch ihrerseits sieht aus wie ein Besen und schaut mit glühenden
Augen über mich hinweg zu Tellerauge. Als von dort kein Angriff
erfolgt duckt sie sich ebenfalls. Im laufe der folgenden Minuten
rücken beide Wesen ganz dicht an mich heran. Um jedes lege ich
meinen Arm. Die nächsten Blitzeinschläge sind dramatisch hell und
irrsinnig laut. Allmählich wird es ruhiger und der Himmel öffnet
seine Schleusen. Es wird unglaublich laut, wie bei einem
Trommelwirbel.
Mein ursprünglich als Sonnenschutz gedachter Umhang baucht sich
und droht zu reißen.
Trotz meiner Schmerzen muss ich alle Augenblicke das sich
sammelnde Wasser ausdrücken. Die Sache wird mir zu dumm! Ich
binde die Ecken los und das nasse Ding fällt auf uns drei herunter.
So sind wir nicht richtig trocken, können es aber aushalten. Fauch
wie Tellerauge bekommen wieder je einen Arm. Als sich das Gewitter
langsam beruhigt, fängt Fauch an zu schnurren und ich fange
Tellerauges Bilder von der Umgebung auf. Der Bach ist übergelaufen
und man sieht, wie sich silbrige Fische im viel zu flachen Wasser
neben dem eigentlichen Bachlauf tummeln. Wenn sie in die
Salzwasserzone geraten, springen und flitzen sie zurück.
Ich selbst stelle mir vor, wie Wibra einige Fische für uns aus dem
Wasser holt, die wir nur noch einsammeln müssen. Ich wiederhole
meine Vorstellung ein paar Mal.
Als ich ein vibrierendes Rascheln höre, glaube ich nicht, dass
Wibra, die Libelle, wirklich kommt. Doch es ist so. Tellerauge
vermeidet den einfacheren Weg über Fauch hinweg, kraxelt durch die
Zweige und springt zu Boden. Wieder verblüfft mich die Kooperation
von Tellerauge und Wibra, der beiden so verschiedenen Wesen.
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