Zeit-Myzel, Seite 43

Der erste Blitz schlug bereits ein, als über dem Küstenstreifen, auf dem wir uns meistens aufhielten, noch ein tiefblauer, fast violetter Himmel prangte.
Ich schlug also ein Lager in einem der "Schlafbüsche" auf und spannte mein Cape aus zusammen genähten Häuten der erlegten Flugsaurier als Regendach darüber. Inzwischen besaß ich ein reichhaltiges Inventar an Fischgrät-Nadeln, Sehnen, Steinspitzen und - Messern.

Tellerauge hatte ich derweil unter den Busch gelegt, an dem ich gerade arbeitete. Plötzlich blendete mich die ganze Umgebung; zugleich betäubte ein Donnerschlag meine Ohren. Als ich wieder sehen und hören konnte, schrie Tellerauge und zu meinem Entsetzen fehlten ihm eine Lefze und ein Fetzen Haut am Schwanz. Zugleich begannen mein Ellenbogen links und meine linke Ferse an, schmerzhaft zu brennen. Wir hatten beide unsere Ladung abbekommen. Dass wir überhaupt noch lebten war ein reines Wunder.

Ich humpelte zu Tellerauge, der schrie und schrie. Ich legte meine Hand auf seinen Kopf, um ihn sanft zu streicheln und erst einmal zu beruhigen. Vielleicht würden die Libelle Wibra oder das Heupferd Schregg mir ihren besonderen Säften helfen können.

In diesem Augenblick schlugen in der Nähe weitere Blitze ein, die Schleusen des Himmels öffneten sich und wir fanden uns in knöcheltiefem Wasser wieder, das uns zum Meer spülen wollte.

Ja, ich hatte Angst! Angst vor diesen Blitzen, Angst vor dem Tod, Angst vor dem Wasser und Angst vor der Kälte. Ich zitterte am ganzen Leib und hätte am liebsten alles genauso heraus geschrieen wie Tellerauge, den ich hochgenommen hatte. Ich schob das geschundene Bündel Leben auf das vorbereitete Lager und kletterte vorsichtig hinterher. Notdürftig wickelte ich die restlichen Häute um uns beide. So hatten wir es verhältnismäßig warm.

Tellerauge wimmerte noch, als es wieder heller Tag wurde und die Wärme zurückgekommen war. Das Wasser war inzwischen abgelaufen und die fetten Hundertfüßler räumten die aus dem Wald heraus gespülten Pflanzenreste auf. Sie machten auch mit ihren toten Artgenossen kein Federlesens. Offensichtlich waren wir nicht die einzigen Opfer der Blitze. Ich begann mir angesichts des Desasters Sorgen um die verschwundene Panther-Dame Fauch zu machen.

Wenigstens diese Sorge erwies sich als unnötig: Zuerst war sie nur ein kleiner schwarzer Schemen, in der Unterholzkulisse kaum zu erkennen. Dann aber spazierte Fauch mit zuckendem Schweif auf uns zu. Sie war trocken und schaute, als wenn sie mich für den größten Idioten hielt, der ihr je begegnet war. Damit hatte sie Recht. Denn meine Instinkte reichten nicht, um uns rechtzeitig vor diesen plötzlichen Gewittern in Sicherheit zu bringen!

In ihrem Nacken sah ich noch eine Art dunklen Knubbel, dessen Natur ich im ersten Moment nicht einordnen konnte. Doch dann erkannte ich einen der Elben, vielleicht Ailalailanaah.

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