Zeit-Myzel, Seite 68

Wetu Eleanor hat nach wochenlanger Kletterei über dem Bodendickicht endlich die Lichtung mit See und Hütte erreicht, die er in seinen Traumbildern gesehen hatte. Inzwischen wusste er natürlich, dass er die Bilder von Atros empfangen hatte, einem riesigen Flugsaurier, der ihn, den Menschen, treu begleitet hatte. So hatte er nun Clara gefunden, die junge Frau, deren Bild ihm von Schregg und der kleinen Viper, die unter seinen Jagdutensilien hauste, zugesandt worden war. Clara blieb ihm gegenüber skeptisch, weil sie von ihrem Stamm geflohen war und wahrscheinlich getötet werden sollte. Immerhin gelang es den Tieren, die den beiden Menschen jeweils gefolgt waren, durch ihr Verhalten die Spannungen soweit abzubauen, dass Clara ihre Geschichte erzählen konnte, in der auch ein Wetu Eleanor vorkam. Dieser wurde allerdings von ihrem Ehemann umgebracht. Es war nun Abend und Zeit, zur Jagd.

Jagd

Ich fragte: "Wo ist dein Sohn?" Natürlich verstand mich Clara nicht. Also ging ich in die Hocke und griff mir einen Stock, der so aussehen sollte, wie ein kleiner Speer. Ich nahm damit jene Haltung ein, in der ich das Kind in meinen Bildern gesehen hatte. Das ursprüngliche Leuchten des Seespiegels machte langsam einem tiefen Schwarz Platz. Auf dieser Dunkelheit flackerten mit einem Mal golden getönte Bilder von der Hütte, wie ich sie von Tellerauge her kannte. Ich hatte den Verdacht, dass Claras Tellerauge für diesen Eindruck verantwortlich war. Nach einiger Anstrengung gelang es mir, einen achtjährigen Knaben in diesem Bild darzustellen.

Clara musste die Veränderung dieses vermeintlichen Bildes erkennen. Wie würde sie sich verhalten? Immerhin schien sie zu glauben, dass ich ein Jäger ihres Stammes war. Aber dann hätte sie meine Sprache verstehen müssen. Dies war offenbar nicht der Fall. Das sollte ihre Furcht verscheuchen, so hoffte ich.

Bei meinen Anstrengungen, eine Frage per Bild zu übermitteln, hatte ich die kleine Viper ganz vergessen. Plötzlich fühlte ich mich von hinten geschubst und ließ mich zur Seite fallen, bereit den Angriff zu parieren. Aber das wäre völlig unangemessen gewesen. Denn der Junge stand leibhaftig neben mir und lachte fröhlich, weil es ihm gelungen war, einen Erwachsenen umzustoßen. Ein Blick zu seiner Mutter zeigte mir eine zu allem entschlossene Löwin, die ihr Junges bis zum letzten Blutstropfen zu verteidigen gedachte. Ich drehte mich also zur Seite und stütze mich auf einen Ellenbogen. In dieser Haltung kann man wenig Schaden anrichten, das musste auch Clara erkennen. Gleichwohl stürzte sie auf ihren Sohn los, der vorher irgendwo im Dickicht gewartet hatte und aus einem nicht erkennbaren Impuls heraus mit mir anzubandeln versucht hatte.

Doch die Ursache für Claras Verhalten hatte ich völlig missverstanden, was meiner kleinen Schlange nun fast das Leben gekostet hätte. Die Viper hatte sich nämlich um den linken Knöchel des Knaben gewickelt. Als Clara nach dem Reptil schlagen wollte, musste ich sie festhalten, was mir ein paar wuchtige Schläge auf den Kopf einbrachte.

Die Viper selbst schien das Geschehen richtig zu deuten und sandte ein Bild, bei dem der Knabe das Tier streichelte und in einem Beutel verschwinden ließ. Clara verstand ihren Irrtum und entschuldigte sich wortreich. Ja, sie warf einen Blick auf meinen Kopf, aber verletzt hatte sie mich nicht.

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