Zeit-Myzel, Seite 78

Atros kam zu uns zurück. Der andere schwamm näher. Ich verstand nur soviel, dass wir uns besser ins Dickicht zurückziehen sollten. Dort warteten wir ab, was weiter geschehen sollte. "Wenn dir Atros lieb ist, dann schicke ihn weg!" flüsterte mir Clara zu. "Hier im Dickicht können uns die Flugsaurier nichts anhaben."

Mein Denken war merkwürdig gehemmt, was ich auf die vielen Eindrücke zurückführte. Wie durch einen Nebel nahm ich Clara, Talrin und die Katzen wahr, die sich mit uns vor dem Giganten versteckt hatten. Tausend Gedanken schossen mir durch den Kopf, vermischten sich mit meinen Erinnerungen aus der technischen Welt, aus der ich glaubte, gekommen zu sein. Zugleich spulte sich ein Film ab, der in einer Savannenlandschaft spielte. Hütten standen dort. Menschen gingen hin und her. Frauen mit Krügen auf dem Kopf, Männer mit erbeuteten Tieren an langen Stangen, die sie zu zweit trugen. Paare bei Nacht. Eine Versammlung von Männern, Beschlüsse. Es war zum verrückt werden. Chancenlos trieb mein Bewusstsein durch Ereignisse, deren Herkunft ich nicht einordnen konnte. Etwas Fremdes mischte sich in alles ein, von dem mein Ich bisher bestimmt worden war. Nur undeutlich vernahm ich die tiefen, röhrenden Schreie zweier Drachen. Dazwischen klatschen die nassen Flughäute. Riesige Schwänze wirbelten Schlamm hoch, der bis zu uns spritzte. Eine Hütte wurde zerfetzt und ihre Teile verstreut. Etwas traf mich am Kopf.

In einen tiefblauen Himmel über mir ragten Äste, Zweige und Blätter. Der Zug gleißender Wolken ließ die wuchtigen Bäume stetig auf mich fallen. Aber sie erreichten mich nicht. Es herrschte Stille bis auf das Summen einiger Insekten. Dann sah ich das verheulte Gesicht Claras über mir lächeln. "Unter den Lebenden?" fragte sie.

Ich nickte. Sie saß auf ihren Fersen und hatte meinen Kopf auf ihre Oberschenkel gelegt. Sie hielt eins der gekauten Blätter, wie ich es von den Telleraugen kannte, auf eine schmerzende Stelle oberhalb meines rechten Ohres.

Ich streichelte ihre Wangen und bedeutete, dass ich aufstehen könnte. Sie half mir hoch und wischte sich die Tränen mit den Unterarmen ab. Meine Wunde schmerzte, und ich hatte auch heftiges Kopfweh. Ich dachte bei mir: Gehirnerschütterung! Ich ließ mir erzählen, was eigentlich passiert war.

Clara und Talrin mussten mit ansehen, wie ihre Hütte von den Drachen verwüstet wurde. Unser ganzer Hausrat und die Vorräte lagen am Strand verstreut. Talrin und die Katzen waren dabei alles zu sammeln und in eine Höhle zu bringen, die Clara inzwischen in das Dickicht geschlagen hatte.

Der Schlagabtausch zwischen den beiden Drachen war kurz und heftig gewesen. Nun lagen sie friedlich nebeneinander auf dem Strand und taten so, als ginge sie das Alles nichts an. Vor allem konnte ich die beiden nicht auseinander halten. Wer von den beiden war nun Atros? Ich fragte Clara danach. Doch auch sie vermochte keinen Unterschied festzustellen. Ich versuchte es mit der Vorstellung eines Schnabel-Wackelns. Beide Drachen wackelten mit den Schnäbeln. Ich stellte mir einen Drachen vor, dessen rechtes Auge zwinkerte. Artig zwinkerten sie beide mit ihrem rechten Auge.

Nun stellte ich mir vor, wie die beiden Äste von den umliegenden Büschen mit ihren Schnäbeln zwickten. Beide bissen Äste ab. Dann ließ ich die Äste zwischen die noch stehenden kleinen und offenbar sehr biegsamen Stämme jener Bäumchen in den Boden rammen, die auch bisher schon Claras Hütte zusammen gehalten hatten.

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