Zeit-Myzel, Seite 97

Wir verstauten unsere Jagdwaffen, die Samen und Setzlinge und unseren Proviant in Lederbeuteln und diese zwischen und neben uns in die Tragnetze. Als erste startete die Freundin unseres Atros (vermutlich Atros I) mit Talrin im Netz, wie in den vergangenen Tagen vielfach geprobt. Unser Drache folgte mit einer überraschenden Leichtigkeit, die auch sein tagelanges Training, mit einer Last zu starten, verriet.

Nach kurzer Zeit ging die Landschaft in eine leichte Schräglage, in der sie langsam rotierte, das Zeichen, dass unser Flieger sich eine thermische Aufwärtsströmung zunutze machte. Die Sonne war kaum merklich höher gestiegen, als Atros die Thermik zu einem langen, flachen Gleitflug verließ. Die Richtung stimmte nicht ganz genau, was ich darauf zurückführte, dass Atros einen weiteren Schlot entdeckt hatte, der zwar einen kleinen Umweg bedeutete, dafür aber Höhengewinn.

Clara hatte nur Blicke für die vielen Einzelheiten, die man von hier oben entdecken konnte: Vögel, die wir von den Hütten aus oder bei der Kletterei über dem Bodendickicht noch nie zu sehen bekommen hatten. Riesige Nester in den Baumkronen, von denen wir nicht wussten, wem sie gehörten. Bäume, neben denen die Baumriesen unserer Umgebung wie Baumzwerge wirkten, kleine Seen, die sich durch ein Blitzen bemerkbar machten, eine unübersehbare Schar kleiner Flugsaurier, wie wir sie häufig bei der Jagd vorfanden. Gelegentlich schauten diese Tiere nach, ob sie uns wohl aus unserem Netz picken konnten. Meistens hatte dies zur Folge, dass Atros etwas zu essen bekam.

Schräg über uns, manchmal verdeckt durch die Masse unserer Flugechse oder deren ausgebreiteten Flughäuten, schraubte sich Atros' Freundin in die Höhe. Manchmal konnten wir Talrins Stimme hören, der sich lautstark über irgendein ungewöhnliches Manöver seiner Fliegerin freute. Manchmal kamen sich die beiden Drachen so nahe, dass sich ihre Flughäute zärtlich berührten - undenkbar für die technischen Erfindungen, wie ich sie aus meinen Erinnerungen kannte. In diesen Fällen konnten wir uns mit Talrin direkt verständigen. Doch bei ihm gab es keine Probleme.

Nach drei weiteren Aufstiegen in den Schloten mit starkem Aufwind befanden wir uns bereits so nahe am kochenden See, dass die Drachen sich mit zunehmender Geschwindigkeit absinken ließen. Schließlich zischten sie über die Baumwipfel, dass man Angst bekam, von den Ästen gepeitscht zu werden. In der Nähe des kochenden Sees hörten die Bäume auf und es gab genug Platz, zur Landung.

Ich ließ Atros noch eine Runde um den kochenden See fliegen. Dabei fielen mir einige Wasserläufe auf, die von den umliegenden Bergen ausgingen und einen deutlich erkennbaren Hügel in einem weiten Tal umflossen. Süßwasser musste es dort genügend geben. Es fragte sich nur, wieweit wir dafür laufen mussten.

Atros landete schließlich etwa auf der Kuppe des Hügels und setze uns ab. Im Gegensatz zu meinem Plan landete auch Talrin. "Ooch", meinte er, "Malsa und Atros werden aufpassen!" - "Wer ist Malsa?", fragte ich. "Die da" - er zeigte auf seine Drachenfrau, die sich hingelegt und ihren Kopf schräg gelegt hatte.

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